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Liebe Leser*innen,

vor einigen Wochen begegneten mir in einem Podcast die Begriffe „Push & Pull“. Es ging dabei um eine Übung, bei der man sich den Vorgang des Türöffnens bewusst machen sollte. Versuchen Sie es einmal – lassen Sie den Prozess vor Ihrem inneren Auge ablaufen oder, noch besser, stehen Sie auf und nutzen Sie eine Tür in Ihrer Nähe. Achten Sie im Detail auf jede Bewegung.

Wahrscheinlich nehmen Sie wahr, dass Sie einen Schritt zurückgehen, wenn Sie die Tür in Ihre Richtung ziehen (Pull) müssen, um sie zu öffnen. Wenn Sie Tür hingegen nur öffnen können, indem Sie sie von sich wegdrücken (Push), machen Sie einen Schritt nach vorne.

Aktuell werden „Push & Pull“ vorrangig mit agilen Methoden und Organisationsstrukturen assoziiert. Dabei gelten sie als Prinzipien nicht nur auf professioneller Ebene, sondern sind auch feste Bestandteile unserer eigenen Persönlichkeit.

Das Push-Prinzip steht für die „Kämpfer-Energie“. Haben Sie bei diesem Begriff auch sofort ein Bild im Kopf? Diese Energie gibt uns die Kraft und Entschlossenheit, die wir brauchen, um dem Weg zu einem bestimmten Ziel zu folgen und es schließlich auch zu erreichen. Diese Energie treibt uns an, sie hilft uns, Hindernisse zu überwinden und Herausforderungen zu meistern. Das Push-Prinzip ist mit der Idee verbunden, dass wir leisten und hart kämpfen müssen, um voranzukommen. Doch irgendwann erreicht der Kämpfer seine Grenzen und wird müde. Treibt er sich dennoch selbst weiter, pusht sich bis zur totalen Verausgabung, wie es so schön heißt, wendet sich die ursprünglich hilfreiche Kämpfer- Energie gegen ihn und wirkt destruktiv.

Gleichzeitig existiert das Pull-Prinzip in uns, die „Königs-Energie“ (auch hier habe ich sofort wieder ein Bild vor dem inneren Auge). Sie ermöglicht es uns, einen Schritt zurückzutreten, den Blickwinkel zu weiten, einen Moment der Ruhe zu finden und die Gesamtheit zu betrachten, wie der weite Blick des Adlers in seinem Flug. Im Moment der Ruhe und der Entspannung treffen wir für uns gute und reflektierte Entscheidungen. Leider kann auch diese Energie kippen und destruktiv werden. Sobald wir in der Distanz verharren, dissoziieren und kein tiefes Eintauchen mehr zulassen, wird die Königs-Energie destruktiv.

Das Verständnis für die eigenen Grenzen und der richtige Umgang mit Energie sind also entscheidend.
Wir tragen beide Energien in uns und benötigen sie gleichermaßen, um seelisch gesund und leistungsfähig zu bleiben, beruflich und privat. Es ist die Balance zwischen dem energiegeladenen Vorwärtsdrängen des Kämpfers und der reflektierenden, zurücknehmenden Energie des Königs, die nicht nur im agilen Kontext, sondern auch für unsere persönliche Entwicklung von entscheidender Bedeutung ist.

In beiden Fällen ist die Wahrnehmung des Kipp-Punktes, an dem Push- oder Pull- Energien destruktiv werden, von großer Bedeutung. Eine bewusste Anerkennung und Integration beider Energien ermöglicht es uns, nicht nur produktiv, sondern auch seelisch ausgeglichen durch das Leben zu gehen.

Hier ein paar Fragen für Ihre persönliche Reflexion:
      • Wie merken Sie, dass Ihr individueller Kipp-Punkt, an dem aus dem gesunden Push bzw. Pull ein destruktives Push oder Pull wird, erreicht ist?
      • Was passiert bei Ihnen dann ganz konkret?

Schreiben Sie mir doch eine E-Mail über Ihre persönlichen Erfahrungen. Ich bin sehr gespannt darauf, wie Sie Push and Pull bzw. Kämpfer- und Königs-Energie erleben.

Herzlichst, Ihre Petra Flachsbarth